Kindertagespflege demonstriert

31. August 2020

Rückblick auf die Kreistagssitzung vom 25. Juni 2020 von Gabi Gschwind-Wiese

Die erste Kreistagssitzung nach dem Lockdown. Alle auf Abstand und jede*r für sich an einem Extratisch in der Aula des Preetzer Friedrich-Schiller-Gymnasiums. Draußen demonstrieren Eltern und Kinder zusammen mit Vertreter*innen des Kindertagespflegerings. Teile der eintrudelnden Lokalpolitik reagieren verschnupft. Die neue „Entschädigungsssatzung für die Kindertagespflegepersonen des Kreises Plön“ wird auf der Sitzung gleich für Stimmung sorgen.

Mein neuer Fraktionskollege Wolfgang Behrs wird vom Kreispräsidenten in sein Amt eingeführt. Er rückt für Bernd Friedrich nach, der Ende Mai aus freien Stücken sein Mandat niedergelegt hatte.

Dann folgt die „Einwohnerfragestunde“: Es meldet sich Brigitte Oberschelp vom Kindertagespflegering. Ein Großteil der Tagesmütter und –väter des Kreises sind dort organisiert. Sie richtet einen dringenden Appell an die Politik. Die neue Satzung – sie soll heute verabschiedet werden – stellt die Kindertagespflegepersonen summa summarum schlechter. Frau Oberschelp bittet darum, die Satzung zu befristen, damit nachgebessert werden kann. Dafür wünscht sie sich Verwaltung, Politik und Kindertagespflege gemeinsam an den Tisch. Große Sorge bereitet dem Kindertagespflegering auch die anhaltende Pandemiesituation. Ab August wird es laut neuer Satzung keinerlei Zahlungen mehr geben, wenn die Dienstleistung, sprich die Betreuung der Kleinen, eingestellt werden muss. Die Betreuenden könnten plötzlich völlig mittellos dastehen.

Mein WLan funktioniert nicht. Wolfgang und andere haben auch Probleme. Wir brauchen aber den Zugang, um auf die Sitzungsunterlagen zugreifen zu können. Es heißt, dass uns das Technikteam der Schule im Foyer erwartet. Wir verlassen kurzfristig die Sitzung, um uns helfen zu lassen. Was währenddessen auf der Sitzung los ist, lesen wir später im Protokoll.

Die Landrätin beruhigt. Sie betont die Wichtigkeit der Kindertagespflege für den Kreis Plön, lobt die gute Zusammenarbeit, verweist auf zwei Eilentscheidungen während des Lockdowns, die sie mit Zustimmung aller Fraktionen getroffen hat. Damit waren die Geldleistungen an die Kindertagespflegepersonen durchgehend sichergestellt. Auch bei einer weiteren Welle werde man eine einvernehmliche Lösung finden. 

Aber dann spricht der Kreispräsident. Er fühlt sich durch den Kindertagespflegering schlecht informiert, habe kein Verständnis für die Demonstration. Vielen Kreistagskollegen gehe es genauso.

Wir kommen mit den Netbooks unterm Arm zurück. Der Unmut des Kreispräsidenten ist noch nicht verflogen, wir schnappen seine letzten Worte auf. Er fühlt sich „schlecht informiert“.

Schlecht informiert? Bereits Tage zuvor schickte der Kindertagespflegering eine Mail an alle Fraktionsvorsitzenden und benannte darin neuerlich und gut nachvollziehbar die wesentlichen Kritikpunkte. Zuvor war das Thema schon Gegenstand von Beratungen in Ausschüssen. Jetzt steht es gleich auf der Tagesordnung in Form eines gemeinsamen Antrags von SPD, KWG, Grünen und uns LINKEN. Ist es „mangelnde Information“, oder mangelndes Interesse und Verständnis für die Situation der betroffenen Tageseltern, die den Kreispräsidenten umtreiben?

Wenig später stimmen wir über den gemeinsamen Antrag zur Satzung ab. Darin wird die Verwaltung gebeten zu prüfen, wie eine fortlaufende Geldleistung (etwa bei Krankheit oder berufsbedingten Fortbildungen) an die Kindertagespflegepersonen im Kreis Plön schnellstmöglich umgesetzt werden kann und wie viel das kosten würde. Die Satzung wird mit dem Antrag auch befristet und gilt nun erstmal nur bis zum 31.12. des Jahres. Das verschafft Luft, um in den kommenden Monaten vielleicht doch noch bessere Bedingungen aushandeln zu können. Leicht wird das nicht. Das zugehörige Landesgesetz ist in Teilen einfach unausgegoren.

Zum Kreistag hat die Verwaltung auch einen Nachtragsstellenplan vorgelegt. Darin beantragt sie beispielsweise Stellen im Jugendamt, die der Umsetzung der neuen Kitagesetzgebung dienen, aber auch eine Teilstelle für den Allgemeinen Sozialen Dienst ist dabei. Diese Stelle wird gebraucht, damit bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vor Ort künftig im Vier-Augen-Prinzip entschieden werden kann. Das ist besser für die betroffenen Familien, Kinder und Jugendlichen und verteilt nicht zuletzt die Last einer Entscheidung, die in aller Regel in einer äußerst angespannten Situation zu treffen ist, auf mehrere Schultern. Der Bundesgesetzgeber sieht dies schon seit geraumer Zeit so vor, der Kreis will und muss dem endlich Folge leisten. Doch trotz aller guten Argumente dafür, die auch in der Vorlage der Verwaltung nachzulesen sind, votieren nur 34 Abgeordneten für diese wichtige Stelle. Das ist bedrückend. Damit kann sie zwar eingerichtet werden, aber dass das neoliberalkonservative Lager seine Zustimmung selbst einer solchen Stelle überwiegend verweigert, ist doch irgendwie sehr traurig und nicht nachvollziehbar. Mehr oder weniger quer stellen sie sich auch bei allen anderen Stellen in Jugend-, Haupt- und Sozialamt. Allein beim Gesundheitsamt ist man sich beinahe einig. Hier halten nur zwei der insgesamt 55 anwesenden Kreistagsabgeordneten dagegen. Corona sei Dank.

Fast zuletzt geht es auf der Sitzung noch um Neubau oder Sanierung einer Schule. Teile des Gymnasiums Heikendorf sind sanierungsbedürftig und es mangelt an Platz und Raum. Es gibt Überlegungen in Richtung Neubau, aber das würde teuer und es ist nicht klar, ob es wirklich ein kompletter Neubau sein muss, für den bereits Summen von bis zu 40 Millionen im Raum stehen. 

Einige plädieren verbissen für Neubau. So schlägt die UWG in ihrem Antrag vor, man könne einen Neubau doch einfach von vorneherein mit einem Kostendeckel von 30 Millionen versehen. Aber was soll ein „Kostendeckel“, wenn bislang nicht einmal geklärt ist, was vor Ort tatsächlich entstehen soll? Vielleicht wäre eine Kombination aus Sanierung bereits bestehender Gebäudeteile und Teilneubau auch ein für alle Seiten gangbarer Weg.

Wir von der LINKEN stellen uns sicherlich nicht quer, wenn es darum geht, Geld in eine Bildungsstätte des Kreises zu investieren. Aber ehe man das tut, müssen doch greifbare Planungen auf den Tisch, nicht zuletzt, weil auch auf den Prüfstand muss, ob wirklich weitere Flächen dafür verbraucht und verdichtet werden müssen. Wenn es dann aber unumgänglich erscheint, neu zu bauen, ziehen wir sicher mit. Nur eine Katze im Sack, die wollen wir nicht. Deshalb haben wir uns auch bei diesem Punkt mit der SPD, den Grünen und der KWG zusammengetan und zum Nachtragshaushalt in Sachen Heinrich-Heine-Gymnasium einen gemeinsamen Antrag gestellt. Er sieht vor, die Varianten Neubau, Sanierung und Sanierung mit Teilneubau gründlich zu prüfen und die nötigen Planungskosten in den aktuellen Nachtragshaushalt und den kommenden für 2021 als Verpflichtungserklärung aufzunehmen. Dem hat der Kreistag dann auch mehrheitlich zugestimmt.